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Gedanken zum Advent

Immer, wenn ich in meine alte Heimat in die Oberlausitz fahre, führt mich der Weg an einem Ort vorbei, der eng verbunden ist mit einer Kirchenliederdichterin, deren Liedgut wir auch in unseren Liederbüchern finden. 3 km von dem Ort entfernt, in dem ich 28 Jahre zu Hause war, liegt Jänkendorf, in dem Eleonore Fürstin von Reuß (1835-1903) einen Teil ihres Lebens verbrachte. Von ihr stammt das Lied:

„Das Jahr geht still zu Ende“.

In den Strophen heißt es:

Warum es so viel Leiden,
so kurzes Glück nur gibt?
Warum denn immer scheiden,
wo wir so sehr geliebt?
So manches Aug' gebrochen,
so mancher Mund nun stumm,
der erst noch hold gesprochen
du armes Herz, warum?

Dass nicht vergessen werde,
was man so gern vergisst:
dass diese arme Erde
nicht unsre Heimat ist.
Es hat der Herr uns allen,
die wir mit Geist getauft,
in Zions goldnen Hallen
das Bürgerrecht erkauft.

Auch wenn uns so manche Worte aus dieser Zeit heute in unserem modernen Liedgut nicht mehr begegnen, zeugt die Bedeutung der Aussage davon, dass unser „diesseits-denken“ uns oft davon abhält unserer wahren Berufung nachzugehen. Unser Alltag, unser oft prall gefülltes Leben, unser rastloses Schaffen hat anscheinend damals die Leute abgehalten und hält uns auch heute davon ab darüber nachzudenken, dass unsere Zeit hier begrenzt ist, dass uns auch als Christ Leid treffen kann, dass Trennungen und Enttäuschungen zum Leben gehören, dass uns Zweifel befallen können, die lang gefestigte Lebensgrundsätze in Frage stellen.

Oft wird erst dann unser Blick wieder auf Gott und seinen Plan für unser Leben gerichtet und wir nehmen uns Zeit zum Nachdenken darüber, dass „diese arme Erde nicht unsre Heimat ist“. Vielleicht will uns die Dichterin mit diesen Versen davor warnen, in ein Ungleichgewicht in unserem Leben zu verfallen und all die schönen und guten Dinge, die Gott uns auch zur Verfügung stellt all zu hoch zu bewerten und unser Leben davon abhängig zu machen. Wenn wir hier das richtige Maß finden, werden viele „wichtige Sorgen“ unwichtig und unser Blick für den Nächsten geöffnet, für all das, was für eine Ewigkeit wichtig ist. Wenn ich das erkannt habe, kann ich auch in die letzte Strophe einstimmen, egal ob ich das Leben noch vor mir habe oder schon viele Jahre Erfahrungen mit Gott gemacht habe.

Hilf du uns durch die Zeiten
und mache fest das Herz,
geh selber uns zur Seiten
und führ uns heimatwärts.
Und ist es uns hienieden
so öde, so allein,
so lass in deinem Frieden
uns hier schon selig sein.